I

    Die Mönche sprachen zum Erhabenen:“Sieh an, wie kommt es, dass der Erhabene zum Lobredner der Tugendhaftigkeit geworden ist?”Der Erhabene sprach:“Nicht erst (seit) jetzt, ihr Mönche, bin ich ja Lobredner der Tugendhaftigkeit.Schon zu anderer Zeit war ich, ihr Mönche, Lobredner der Tugendhaftigkeit”.Die Mönche sprachen:“Schon zu anderer Zeit, Erhabener?”Der Erhabene sprach:“Schon zu anderer Zeit, ihr Mönche!”

    “Früher, ihr Mönche, in der Vergangenheit regierte in der Stadt Vārāṇasī im Reich Kāśi ein König namens Aṃjanaka.Er war tugendhaft, führte den Titel“Grossherrscher”, und hielt seine Dienerschaft gut im Zaume.Er war von freigebigem Charakter, sehr stark, sehr wohlhabend und besass ein grosses Heer.Sein Reich war wohlhabend, blühend, mit Nahrungsmitteln reichlich versehen und mit Menschen angefüllt, die glücklich waren.

    Prinz Puṇyavanta, der Sohn des Königs Aṃjana, ein steter Lobredner der Tugendhaftigkeit, hatte vier Ministersöhne zu Freunden.Der eine, namens Vīryavanta, der Energiebegabte, sang stets das Lob der Energie (vīrya ) :“Die Energie ist das Allerbeste in der Welt.”Der zweite, namens Śilpavanta, der Kunstfertige, sang stets das Lob der Kunstfertigkeit (śilpa ) :“Die Kunstfertigkeit ist das Allerbeste in der Welt”.Der dritte, namens Rūpavanta, der Schöne, sang (stets) das Lob der Schönheit (rūpa ) :“Die Schönheit ist das Allerbeste in der Welt.”Der vierte, namens Prajñāvanta, der Kluge, sang stets das Lob der Klugheit (prajñā ) :“Die Klugheit ist fürwahr das Allerbeste in der Welt.”

    (Eines Tages) sprach Prinz Puṇyavanta zu den (vier Freunden) :“Nichts kommt der Tugendhaftigkeit gleich.Die Tugendhaftigkeit ist in der Welt das (34) Allerbeste.Wenn ihr nicht imstande seid, dies zu begreifen, so lasst uns in ein fremdes Land gehen.Dort werden wir erfahren, wer sich (vor den anderen) auszeichnen wird, Puṇyavāṃ, Vīryavāṃ, Śilpavāṃ, Rūpavāṃ oder Prajñāvān.”Darauf (verliessen sie) Vārāṇasī und begaben sich nach der Stadt Kaṃpilla (indem sie bekräftigten) :“Wir wollen erfahren, wer sich in der Welt (vor den anderen) auszeichnet, Puṇyavāṃ, Śilpavāṃ, Rūpavāṃ oder Prajñāvām.”

    (Einige Zeit nach ihrer Ankunft) zogen sie zur (Stadt) Kaṃpilla hinaus und gingen zur Gangā zum Baden.Da sahen sie einen grossen Baumstamm mit der Strömung im Fluss treiben.Die Ministersöhne und der Königssohn Puṇyavanta sprachen zum Ministersohn Vīryavanta:“Vīryavanta, zeig (uns) deine Energie hier an dem Baumstamm; (wir wollen sehen), ob du diesen Baumstamm, der im Fluss treibt, herauszuziehen vermagst.”Darauf setzte Vīryavanta seine grosse Kraft und Stärke daran und zog den in der Gangā treibenden Baumstamm an Land.Als sie den betrachteten, sahen sie, dass es ein Baum aus kostbarem Sandelholz war.Vīryavanta, der Ministersohn, verkaufte ihn an die Wohlgeruchhändler für hunderttausend Purāṇas, nahm (dann) die hunderttausend Purāṇas und gab sie den Freunden. (Dabei) sprach er zu den Freunden (folgende) Strophe: “Die Energie preist man in der Welt; die Energie ist das Allerbeste in der Welt.

    Sieh an, kraft (meiner) Energie habe ich eine Menge Geld herbeigeschafft.”

    (Nach dieser ersten Probe) sprachen sie:“(Wir) haben den Lohn der Energie gesehen.Sehen wir (nunmehr) den Lohn der Kunstfertigkeit Śilpavantas.”

    Śilpavanta nahm eine Laute, verliess die Freunde und gab zusammen mit Minister-und Kaufmannssöhnen, die auf der Laute geschickt waren, ein Lautenkonzert. (Bei dieser Gelegenheit) versammelte sich eine grosse Menschenmenge, und (alle Einwohner) der Stadt Kaṃpilla, die in den Lautenspielen geschult waren (35), fanden sich auf die Kunde davon sämtlich ein. Im Wettstreit mit dem Ministersohn spielten sie die Laute, doch niemand vermochte dessen Laute (nspielkunst) zu übertreffen.Der Ministersohn Śilpavanta zeichnete sich durch sein Spiel auf der Laute vor allen aus: Mitten im Spiel riss er eine Saite der Laute ab, und (doch) entströmte der Laute der gleiche Wohlklang.Er riss eine zweite Saite ab, und wieder entströmte der Laute der gleiche Wohlklang.Er riss eine dritte Saite ab, und weiter entströmte der Laute der gleiche Wohlklang. (So) riss er, eine nach der anderen, sechs Saiten ab, und (nur) eine Saite blieb übrig.Trotzdem entströmte der einzigen Saite der gleiche Wohlklang.Alle Anwesenden staunten über das Lautenspiel des Ministersohns Śilpavanta, und er erhielt reichlich Gold und Kleidung (zum Geschenk).Das Gold nahm er und gab es den Freunden (mit den Worten: )“Das ist der Lohn meiner Kunstfertigkeit.”(Dazu) sprach er zu den Freunden (folgende) Strophe: “Die Kunstfertigkeit preist man in der Welt; die Kunstfertigkeit ist das Allerbeste in der Welt.

    Im Laute (nspiel) gut unterrichtet, habe ich eine Menge Geld herbeigeschafft.”

    (Nach dieser zweiten Probe) sprachen sie:“(Wir) haben (jetzt) auch den Lohn der KunstfertigkeitŚilpavantas, des Ministersohns, gesehen.Sehen wir (nunmehr) auch den Lohn von Rūpavantas Schönheit”.

    Rūpavanta, der Ministersohn, verliess seine Freunde und begab sich zu einer Basarstrasse.Als er durch die Basarstrasse ging, sah ihn die Haupthetäre (der Stadt), den Schönen, Lieblichen, an dem nichts Gemeines war, den mit höchster reiner lotosgleicher Schönheit (36) Versehenen 〔10〕 . Kaum hatte sie ihn gesehen, da verliebte sie sich heftig.Sie sandte eine Dienerin zu ihm:“Geh und bringe diesem Mann meine Botschaft!”Die Dienerin sprach ihn (darauf) folgendermassen an:“(Meine) Herrin hat den Wunsch, dich zu sehen, edler Mann!”(Da) begab sich (Rūpavanta) zusammen mit der Dienerin zum Haus der Haupthetäre.Diese begrüsste den Ministersohn (mit den Worten) :“Willkommen für den edlen Herrn!Dies schöne Haus unübertrefflicher Liebeslust gehört dir.Überlasse dich den fünf Sinnengenüssen, vergnüge dich zusammen mit mir, ergötze dich und lass dich bedienen!”(Nach dieser Begrüssung) veranlasste ihn die Haupthetäre, sich (mit ihr) auf dem (gleichen) Ruhebette niederzulassen, und weckte seine Begierde auf vielerlei Weise durch (ihren) Aufwand.Er wurde ins Badezimmer geführt, mit wohlriechendem Sesamöl eingerieben, unter Verwendung ausgezeichneten Badepulvers gebadet, mit herrlichen Salben gesalbt und mit kostbaren Gewändern aus Kāśi (Benares) bekleidet.Mit der Haupthetäre zusammen sass er (dann) da und liess sich köstliche Speisen auftragen.Als er so mit ihr zusammen sass, sprach er:“Vier Freunde von mir befinden sich da und da in meinem Haus.Ich möchte sie verständigen lassen und ihnen soviel Geld geben, dass sie sich nicht zu sorgen brauchen”. (Da) wurden auf das blosse Wort der Haupthetäre hin Hunderttausende gebracht, (und sie sprach: )“Gib dies den Freunden!”Er liess die Freunde verständigen.Sie kamen zu dem Haus der Haupthetäre und sahen den Ministersohn Rūpavanta hochbeglückt auf dem Schosse der Haupthetäre sitzen.Als Rūpavanta die Freunde sah, sprach er (folgende) Strophe: “Die Schönheit preist man in der Welt; die Schönheit ist das Allerbeste in der Welt.

    Während ich auf dem Schosse der Hetäre sass, habe ich eine Menge Geld herbeigeschafft.”

    Nehmt dieses Hunderttausend (und) lebt davon!

    Sie nahmen das Hunderttausend und begaben sich zu ihrer eigenen Behausung.

    (37) (Nach dieser dritten Probe) sprachen sie:“(Wir) haben (jetzt) auch den Lohn der Schönheit Rūpavantas, des Ministersohns, gesehen. Sehen wir (nunmehr) auch den Lohn von Prajñāvantas Klugheit!”

    Auch Prajñāvanta verliess das Haus und begab sich hinaus auf die Basarstrasse.Dort sah er in der Mitte einer grossen Menschenmenge einen Kaufmannssohn mit der Haupthetäre streiten.Der Kaufmannssohn sagte zu ihr:“Komm heute nacht zu mir zur Dienstleistung!Ich werde dir ein Hunderttausend geben”.Die Haupthetäre antwortete:“Edler Herr, heute Nacht habe ich keine Zeit.Ein anderer hat mich für heute Nacht in Lohn genommen; zu dem werde ich heute gehen.Aber morgen, edler Herr, werde ich zu euch kommen”. (Und) sie ging in der Nacht zu jenem Mann zur Dienstleistung.Der Kaufmannssohn legte sich indessen unter ständigem Denken an die Haupthetäre nieder. (Und) er träumte, dass er die ganze Nacht hindurch sich nach Wunsch mit der Haupthetäre zusammen vergnügte, ergötzte und sich bedienen liess.

    Bei Tagesanbruch begab sich die Haupthetäre, die in der Nacht mit jenem (anderen) Mann sich vergnügt und ergötzt hatte und ihm zu Diensten gewesen war, zu dem Kaufmannssohn (und sprach) :“Ich bin zur Dienstleistung gekommen, edler Herr!”Der Kaufmannssohn sprach:“Im Traum habe ich mich mit dir zusammen heute die ganze Nacht hindurch nach Wunsch vergnügt, ergötzt und mich bedienen lassen.Geh (nur), ich brauche dich nicht mehr!”“Wenn du dich, edler Herr, im Traum mit mir zusammen die ganze Nacht hindurch nach Wunsch vergnügt und ergötzt hast und dich hast bedienen lassen, (so) gib mir das Hunderttausend!”Der Kaufmannssohn sprach:“Du hast (doch) mit einem anderen Mann zusammen die ganze Nacht verbracht, warum soll ich dir das Hunderttausend geben?”Sie sprach:“Edler Herr, du sagst selbst, du hast die ganze Nacht hindurch dich zusammen mit mir im Traum nach Wunsch vergnügt, ergötzt und dich bedienen lassen. (Darum) bist du mir ein Hunderttausend als Lohn schuldig”.Darob entbrannte ein Streit zwischen den beiden.Eine grosse Menschenmenge (38) versammelte sich, doch niemand war imstande, ihren Streit zu schlichten.Der Ministersohn Prajñāvanta, der dabeistand, wurde von den Stadtbewohnern von Kaṃpilla angesprochen:“Sage du doch, junger Mann, was dir dabei (recht zu sein) scheint: Soll dieser Kaufmannssohn der Haupthetäre das Hunderttausend geben, oder nicht?”Prajñāvanta antwortete:“Der Kaufmannssohn soll der Hetäre in der gleichen Art, in der er mit ihr zusammengekommen ist, das Hunderttausend als Lohn geben.”Sie sprachen:“Junger Mann, (dann) bestimme du, in welcher Weise er es geben soll!”(Da) liess Prajñāvanta eine grosse Spiegelscheibe und ein Hunderttausend herbeibringen und sprach zu dem Kaufmannssohn:“Nimm diesen Korb, (leg) das Hunderttausend hinein und stelle ihn vor diese Spiegelscheibe!”Der Kaufmannssohn hob den Korb mit dem Hunderttausend auf, stellte ihn vor die Spiegelscheibe (und sprach) :“Komm, (meine) Liebe, und hole dir das Spiegelbild dieses Korbes mit dem Hunderttausend hier in der Spiegelscheibe!Das ist dein Lohn.”Bei dieser Anordnung Prajñāvantas, des Ministersohns, schrie die grosse Menschenmenge (vor Bewunderung) und bedachte ihn reichlich mit Gold.Dies gab er den Freunden und sprach dazu folgende Strophe: “Die Klugheit preist man in der Welt; die Klugheit ist das Allerbeste in der Welt.

    Durch wohlausgedachten klugen Rat habe ich eine Menge Geld herbeigeschafft.”

    (Nach dieser vierten Probe) sprachen die Ministersöhne:“(Wir) haben die Macht der Energie Vīryavantas, des Ministersohns, die Macht der Kunstfertigkeit Śilpavantas, die Macht der Schönheit Rūpavantas (und) die Macht der Klugheit Prajñāvantas gesehen.Sehen wir nunmehr die Macht der Tugendhaftigkeit des Prinzen Puṇyavanta.”

    Puṇyavanta, der Königssohn, verliess seine Freunde, begab sich zum königlichen (39) Palast und hielt sich in dessen Nähe auf.Dort sah ihn ein fremder Ministersohn, der auf den (ersten) Blick Zuneigung zum Prinzen Puṇyavanta fasste.Er wurde ihm gewogen, lud ihn ein, brachte ihn in sein Haus und nahm ihn mit in die Turnhalle.Nach der körperlichen Übung wurde (Puṇyavanta) erst gebadet, dann gesalbt und (endlich) mit weichen und harten Speisen bewirtet.Den ganzen Tag über blieb der Prinz mit dem Ministersohn dort zusammen und erhielt königliche Speisen und Getränke vorgesetzt.

    Zum Schlafen brachte ihn der Ministersohn im königlichen Wagenschauer unter. (Dort) sah ihn die Tochter des Königs Brahmadatta.Sie dachte, der Ministersohn sei (dorthin) gekommen, stahl sich in der Abenddämmerung aus dem königlichen Palast fort, ging aus und betrat den Wagenschauer.Sie stieg auf den Wagen, in dem Prinz Puṇyavanta schlief und dachte:“Nun wird er bald erwachen, und dann wird er sich zusammen mit mir ergötzen.”Der Prinz aber, der (reichlich) gegessen und getrunken hatte, schlief fest.Die Königstochter, die in schüchterner Verliebtheit erwartete:“Nun wird er erwachen; bald wird er erwachen”, wurde (endlich) von der Macht der Nacht bezwungen und schlief ein.Als die Sonne aufging, stieg sie vom Wagen hinab und begab sich zum königlichen Palast. (Dabei) wurde sie von den Ministern gesehen.Diese dachten:“Die Königstochter kommt aus dem Wagenschauer und geht mit verschlafenem (Gesicht) in den königlichen Palast.Wenn sie nur nicht mit irgendeinem Mann zusammen in einem Wagen gesessen hat!”Während sie so überlegten, stieg Prinz Puṇyavanta (eben) vom Wagen herunter.Die Minister dachten:“Woher kommt dieser Mann, der mit der Tochter des Königs Brahmadatta zusammen im Wagenschauer gesessen hat?”Sie ergriffen ihn.Gefangen wurde er vor König Brahmadatta geführt.“Dieser mann, Grosskönig, hat zusammen mit der Königstochter im Wagenschauer geschlafen.”(Puṇyavanta) wurde gefragt:“Wie verhält sich das?”Er sprach:“Grosskönig, von dem und dem Ministersohn wurde ich ins Haus eingeladen, habe gegessen (40) und getrunken, (bis) er mich in der Abenddämmerung entliess und ich zu einer Unterkunft geführt wurde.Man liess mich in einen Wagenschauer eintreten und dort schlafen.Ich hatte gegessen und getrunken.Wahrlich, ich habe dort niemand anderen als mich gesehen.”Der König fragte auch die Tochter:“Wie verhält sich das?”Sie erzählte Brahmadatta ebenfalls (alles) wahrheitsgemäss (und schloss) :“Wie der Mann sagt, gerade so ist es; er spricht die Wahrheit”. (Da) gewann König Brahmadatta Puṇyavanta, den Prinzen aus königlichem Geblüt, lieb.Er erkannte, dass er ein schöner, lieblicher, kluger und unschuldiger Jüngling war, und dachte:“Dieser kann kein gewöhnlicher Mann, sondern muss ein Jüngling aus vornehmer Familie sein.”Er fragte den Prinzen:“Junger Mann, woher stammst du?”Der Prinz sprach:“Ich bin der Sohn des Kāśikönigs Aṃjana aus (der Stadt) Vārāṇasī.”Und König Brahmadatta von Kaṃpilla empfand beim Anblick des Prinzen Puṇyavanta zu ihm Liebe wie zu einem Sohn; denn der König hatte keinen sohn.Er gab dem Prinzen Puṇyavanta seine Tochter (zur Frau), nachdem er sie mit tausend goldenen Dingen geschmückt hatte, unter Entfaltung grosser königlicher Würde und Pracht, in Anwesenheit aller (Untertanen). (Bald darauf) setzte er ihn auf den Thron und sprach zu den Ministern, den Städtern und den Landbewohnern:“Dieser ist mein Sohn geworden.Er soll König werden.Ich bin alt.”

    Nachdem Puṇyavanta zur Herrschaft gelangt war, verständigte er seine Freunde und sprach (folgende) Strophe:

    “Die Tugendhaftigkeit preist man in der Welt; die Tugendhaftigkeit ist das Allerbeste in der Welt.
    Meine Tugendhaftigkeit hat mir die Herrschaft und die Königstochter verschafft.”

    Der Erhabene sprach:“Ihr könntet denken, ihr Mönche, dass irgendein Fremder zu jener Zeit der Ministersohn namens Vīryavanta war.Ihr sollt nicht so denken.Und warum? (Weil) hier (unser) Śroṇakoṭiviṃśa, ihr Mönche, zu jener Zeit der Ministersohn Vīryavanta war.

    (Ihr könntet ferner denken), dass irgendein Fremder zu jener Zeit der Ministersohn Śilpavanta war. (41) Ihr sollt nicht so denken.Und warum? (Weil) hier (unser) Rāṣṭrapāla, der Sohn einer vornehmen Familie, ihr Mönche, zu jener Zeit der Ministersohn Śilpavanta war.

    (Ihr könntet weiter denken), dass irgendein Fremder zu jener Zeit der Ministersohn Rūpavanta war.Ihr sollt nicht so denken.Und warum? (Weil) hier (unser) ehrwürdiger Sundarananda, ihr Mönche, zu jener Zeit der Ministersohn Rūpavanta war.

    (Ihr könntet auch denken), dass irgendein Fremder zu jener Zeit der Ministersohn Prajñāvanta war.Ihr sollt nicht so denken.Und warum? (Weil) hier (unser) ehrwürdiger Śāriputra, ihr Mönche, zu jener Zeit der Ministersohn Prajñāvanta war.

    (Ihr könntet endlich denken), dass irgendein Fremder zu jener Zeit der Prinz von Kāśi namens Puṇyavanta, (Sohn) des Kāśikönigs Aṃjana, war.Ihr sollt nicht so denken.Und warum? (Weil) ich selbst, ihr Mönche, zu jener Zeit Prinz Puṇyavanta, (Sohn) des Kāśikönigs Aṃjana, war.Schon damals war ich Lobredner der Tugendhaftigkeit, genau wie ich jetzt wieder Lobredner der Tugendhaftigkeit bin!”

    II 〔11〕

    In der Vergangenheit, vor unzähligen langen Generationen, gab es einen König namens Da-tschuan (Grossschiff).Sein Land war breit und gross.Beamte und Minister hatte er ausreichend.Sein Land war fruchtbar und sein Volk wohlhabend und zahlreich.Der König hatte fünf Söhne.Der erste war klug, der zweite kunstfertig, der dritte schön, der vierte energiebegabt und der fünfte tugendhaft.Jeder pries seinen eigenen Vorzug. Der Kluge lobte die Klugheit als das Erste in der Welt und sprach die Strophen:

    “Die Klugheit ist das Allererste
    Sie vermag alle Zweifel zu zerstreuen,
    schwerverständlichen Sinn klar zu machen,
    alte Feindseligkeiten auszusöhnen.
    Sie findet das Mittel heraus,
    das jeden die für ihn richtige Stelle erreichen lässt.
    Das sehen die Leute und freuen sich.
    Sie loben (sie) allesamt.”

    Der zweite lobte die Geschicklichkeit und sprach die Strophen:

    “Wer geschickt ist und Kunstfertigkeiten besitzt,
    kann viel schaffen.
    Er macht einen mechanischen Menschen aus Holz,
    der genau so aussieht, wie ein wirklicher Mensch,
    aufsteht, sich bewegt, (die Arme) zurückzieht und (wieder) ausstreckt.
    Jeder der Zuschauer freut sich.
    Alle belohnen ihn dafür
    Auf seine Künste kann er sich verlassen.”

    Der dritte lobte die Schönheit und sprach die Strophen:

    “Die Schönheit ist das Allererste.
    (Wessen) Aussehen und Gestalt unvergleichlich sind,
    (dessen) Antlitz betrachten alle Leute.
    Fern und nahe hört jeder von ihm.
    Alle kommen, um ihn zu verehren.
    Sie bedienen ihn vorsichtig und aufmerksam.
    Die Familienmitglieder verehren ihn wie den Gott,
    ihn, der der Sonne gleicht, die aus den ziehenden Wolken heraustritt.”

    Der Vierte lobte die Energie und sprach die Strophen:

    “Die Energie ist das Erste.
    Mit Energie zieht man auf den grossen Ozean hinaus,
    kann man alle Gefahren überwinden
    und Juwelen und Reichtümer holen.
    Wer tapfer ist, kann viel schaffen.
    Daher gibt es für ihn kein Hindernis.
    Er erhöht seinen Familienbesitz.
    Die Verwandten und Mitbewohner des Dorfes achten und ehren ihn freudig.”

    Der fünfte lobte die Tugend und sprach die Strophen:

    “Die Tugend ist das Erste.
    Überall erlangt man durch sie Zufriedenheit.
    Man wird reich und fröhlich ohne Ende.
    Im Kreislauf der Geburten soll man den Acker der Tugend bestellen.
    Durch die Tugend wird man als Śakra, König des Himmels, wiedergeboren werden,
    als Brahman, als Weltherrscher.
    Durch sie kann man auch die Buddhawürde erlangen
    und ein mit allen guten Eigenschaften versehener König des Gesetzes werden.”

    Jeder sprach von seinen eigenen Vorzügen.Jeder behauptete, der Beste zu sein.Niemand konnte entscheiden.Jeder beharrte auf seiner eigenen Behauptung, und keiner wollte nachgeben.Sie sprachen zueinander:“Jeder von uns soll sein Verdienst erweisen, die Gestalt eines tapferen Mannes annehmen, ferne Gebiete durchwandern und sich nach fremden Ländern begeben.Dann können wir entscheiden, wer in bezug auf aussergewöhnliche Tugend der Erste ist”.

    Darauf begab sich der Kluge nach einem fremden Land.Er erkundigte sich danach, ob das Volk in diesem Land gut oder schlecht, das Getreide teuer oder billig wäre und ob es hier reiche, arme und böse Leute gäbe.Er hörte, dass in diesem Lande zwei Hausherren lebten, die unermesslich reich waren.Sie waren Freunde gewesen und hatten sich später entzweit. Die anderen Leute mischten sich in schlauer Weise ein und entfachten den gegenseitigen Hass.Jahrelang konnte sie niemand aussöhnen.Da erdachte der Kluge ein Mittel.Er nahm schöne Geschenke und hundert Arten von Getränken und Speisen mit, begab sich zum Tor des einen Hausherrn und bat um Einlass.Der Hausherr empfing ihn.Jener überreichte ihm die Geschenke, die er mitgebracht hatte, entschuldigte sich im Namen des anderen Hausherrn und begrüsste ihn (mit den Worten) :“(Mein Herr lässt dir sagen) :‘Früher haben wir uns entzweit.Da ich nicht genügend acht gab, mischten sich andere Leute ein.Dadurch sind wir Feinde geworden. Jahrelang haben wir uns nicht gesehen, uns nicht unterhalten und sind nicht zusammengetroffen.Ich sehne mich sehr danach, dich einmal sehen zu dürfen, um dir mein Leid zu erzählen.Daher sende ich dir jetzt Getränke, Speisen und Geschenke.Ich hoffe ergebenst, dass du dieselben freundlich annimmst und mich nicht tadelst.Wir haben ja keinen vom Vater ererbten Hass, keine Feindschaft von der Mutter her!’Dashalb hat er mich hierher gesandt, um seine Ansicht mitzuteilen.”Der Hausherr hörte das und freute sich sehr:“Seit langem wollte ich mich schon versöhnen.Aber ich hatte keinen vertrauten Verwandten, der meine Meinung überbringen konnte.Nun aber beehrt dein Herr mich mit dieser Botschaft, die du mir mitteilst.Das habe ich wirklich nicht erwartet.Da ich an seine Gnade denke, werde ich tun, was er befiehlt; denn ich wage es nicht, mich seinem Befehl zu widersetzen.”Der Kluge verstand die Meinung des Hausherrn.Sein Zweifel verschwand restlos.Er nahm Abschied und ging davon.Er begab sich (dann) zu dem anderen Hausherrn und verständigte ihn in der gleichen Weise.Sie setzten dann gemeinsam eine Zeit fest und trafen an einem Ort zusammen.Sie versammelten die Leute zur Aussöhnung ihrer Feindschaft.Dann veranstalteten sie ein Festmahl, machten Musik und ergötzten sich gemeinsam. Sie befragten sich gegenseitig, wie die Aussöhnung zustande gekommen wäre.Dadurch erfuhren sie, dass jener Mann durch sein gutes Mittel die beiden Feinde ausgesöhnt und sie veranlasst hatte, sich wieder, wie früher, zu befreunden.Jeder dachte:“Wir haben einander vor langer Zeit verloren.Die Leute dieses ganzen Landes konnten uns nicht aussöhnen.Sie verschafften diesem Mann eine Gelegenheit, aus der Ferne hierher zu kommen, um uns auszusöhnen.Seine Gnade ist schwer ermesslich.Durch Worte allein können wir uns nicht bedanken.”Jeder nahm hunderttausend Tael Gold und beschenkte ihn.Der nahm nun die Kostbarkeiten, gab davon seinen Brüdern und sprach die Strophen:

    “Wer mit Redefertigkeit begabt ist,
    kann durch seine Redekunst Leitregeln schaffen.
    Wenn ein aufrichtiger Mann umfassende Kenntnisse besitzt,
    erreicht er mit Sicherheit seinen Zweck.
    Sehet, dass ich durch meine Klugheit
    soviel Kostbarkeiten erhalten habe,
    durch die ich mir selbst reichlich Kleider und Speisen verschaffen kann
    und ausserdem noch andere zu beschenken vermag.”

    Darauf wanderte der zweite, der Kunstfertige, nach einem fremden Land, wo der regierende König die Künste liebte.Er machte dann aus Holz einen mechanischen Menschen von schönem Aussehen, genau wie ein lebender Mensch.Seiner Kleidung und seinem Aussehen nach war er klug und unvergleichlich.Er war geschickt im Singen und Tanzen und bewegte sich wie ein Mensch. (Der Kunstfertige) sagte:“Dieser ist mein Sohn, er ist soundso viel Jahre alt.Er ist im ganzen Land verehrt und reichlich beschenkt worden.”Der König hörte das und befahl ihm, seine Künste zu zeigen.Der König und seine Frau bestiegen die Halle und betrachteten ihn.Er sang und tanzte auf mancherlei Art.Er kniete nieder, bezeigte seine Verehrung, trat heran und blieb stehen, besser als ein lebender Mensch.Der König und seine Frau freuten sich unermesslich.Er blinzelte mit den Augen und sah die Königin an.Der König sah das aus der Ferne und wurde innerlich sehr zornig.Er befahl alsbald dem Diener, ihm den Kopf abzuschneiden.“Wie kann er mit seinen Augen blinzeln und meine Frau ansehen?”Er sagte sich, dass (dieser Mensch) eine böse Gesinnung hätte und sein Blick zweifellos wollüstig wäre.Sein Vater weinte.Seine Tränen flossen in Strömen herab.Er kniete nieder und bat um das Leben (seines Sohnes).“Ich habe (nur) diesen einen Sohn und liebe und schätze ihn sehr.Im Sitzen, im Aufstehen, im Heran-und Zurücktreten vertreibt er mir die Trübsal.Ich habe nicht genug aufgepasst.Daher hat er diesen Fehler gemacht.Wenn er getötet wird, werde ich mit ihm zusammen sterben.Ich bitte (Eure Majestät), aus Mitleid sein Vergehen zu verzeihen.”Zu dieser Zeit war der König sehr zornig und hörte ihm nicht zu.Er sprach wieder ehrerbietig zu dem König:“Wenn (Eure Majestät) ihn wirklich nicht leben lassen, möchte ich ihn mit meiner eigenen Hand töten.Ihr braucht keinen anderen (Mann) zu beauftragen.”Der König willigte dann ein.Da zog er einen Keil aus der Schulter (des mechanischen Menschen) heraus; die Maschine löste sich auseinander und fiel zertrümmert zu Boden.Der König war dann erschrocken und erstaunt.“Warum war ich auf ein Stück Holz böse?Dieser Mann ist geschickt.In der ganzen Welt gibt es nicht seinesgleichen.Aus dreihundertsechzig Gelenken machte er diese Maschine, die besser ist als ein lebender Mensch.”Darauf belohnte er ihn mit hunderttausend Zehntausenden Tael Gold. (Der Kunstfertige) nahm dann das Geld und ging davon.Er gab es seinen Brüdern, um Getränke und Speisen zu kaufen und sprach die Strophen:

    “Seht auf mich, den Kunstfertigen!
    Ich habe viel geschafft.
    Ich machte einen mechanischen Menschen aus Holz,
    der besser war als ein lebender Mensch.
    Er sang, tanzte, zeigte seine Künste
    und veranlasste, dass seine Majestät sich freute.
    Ich erhielt als Belohnung soundso viel Kostbarkeiten.
    Wer ist der Allererste?”

    Der dritte, der Schöne, wanderte nach einem fremden Land.Die Leute hörten, dass ein Schöner aus fernem Land gekommen war, der das schönste Aussehen besass, wie es auf der Welt höchst selten ist.Alle Leute kamen ihm entgegen.Mit hundert Getränken und Speisen, mit Gold, Silber und Juwelen beschenkten sie ihn.Dieser Mann zeigte seine Künste.Die Leute freuten sich noch mehr.Sie sahen sein glänzendes Gesicht, wie den Mond unter den Sternen.Die stolzen und edlen Mädchen, die viele Reichtümer und Kostbarkeiten besassen und deren Schatzkammern voll waren, überreichten ihm Juwelen und zahllose Hunderttausende von Kostbarkeiten.Nachdem er diese Juwelen erhalten hatte, schenkte er sie seinen Brüdern und sprach die Strophen:

    “Vortrefflich!Ich bin von blühendem Aussehen.
    Mein Gesicht ist schön.
    Ich werde von den Frauen verehrt
    und bewahre stets Zufriedenheit.
    Die Leute sehen mich
    wie den Mond unter den Sternen.
    Jetzt habe ich soundso viele Kostbarkeiten erhalten.
    Ich geniesse sie selbst und beschenke die anderen.”

    Der vierte, der Energiebegabte, wanderte nach einem fremden Land. Er erreichte das Ufer eines Flusses und sah einen Sandelbaum mitten im Strom herunterschwimmen.Er zog sich aus, trat ins Wasser, schwamm hin und holte (den Baum) heraus.Die königliche Familie verlangte dringend nach Sandel (holz).Er lud (den Baum) dann auf einen Wagen und überreichte ihn (dem König).Dafür erhielt er eine Million in Gold. Die Kostbarkeiten, die er erhielt, waren zahllos.Damit beschenkte er seine Brüder und sprach die Strophen:

    “Die Energie ist das Erste.
    Durch meine Energie vermochte ich über den grossen Ozean zu ziehen,
    um Juwelen und Kostbarkeiten zu holen
    und damit die Familie und Verwandten zu beschenken. 〔12〕
    Dadurch, dass ich im Wasser des Flusses schwamm,
    konnte ich den schönen Sandelbaum herausziehen.
    Dafür erhielt ich soundso viel Gold.
    Ich geniesse es selber und beschenke die anderen.”

    Der fünfte, der Tugendhafte, wanderte nach einem grossen Land. Zu dieser Zeit war es heiss.Er legte sich unter einen Baum.Der höchste Stand der Sonne war bereits vorüber.Der Schatten der anderen Bäume bewegte sich.Der Schatten des Baumes, unter welchem dieser Mann lag, blieb stehen. 〔13〕 Sein würdiges Aussehen war prächtig.Er sah gut und schön aus, wie die Sonne und der Mond.Der König dieses Landes war gestorben.Er hatte keinen Kronprinzen, der ihm auf dem Thron folgen konnte.Die Leute erörterten dies und sprachen:“Wir wollen einen Tugendhaften finden und ihn zum König machen.”Sie sandten überall hin Boten, um denjenigen im Land zu suchen, den sie auf den Thron setzen könnten.Einer der Boten kam und sah, dass ein solcher Mann unter dem Baum lag.Einen solchen gab es nur selten in der Welt.Er lag unter einem Baum, und der Schatten dieses Baumes blieb stehen.Da dachte er bei sich:“Das ist kein gewöhnlicher Mensch.Er soll König werden.”Er ging fort und benachrichtigte alle Minister.Er erzählte ihnen alles ausführlich.Darauf zogen sich die Minister feierlich an.Sie führten ein grosses Gefolge vorn und hinten mit sich auf Pferden und Wagen.Sie brachten das Siegel mit Seidenschnüren, eine Krone, Wagen und Kleidung mit und traten ihm entgegen. Nachdem sie ihn gebadet, mit Wohlgerüchen gesalbt, die Krone aufgesetzt und ihn angezogen hatten, knieten sie nieder und nannten sich seine Diener.Er bestieg den Wagen und fuhr in den Palast.Er stand mit dem Gesicht nach Süden und verlas ein Edikt.Darauf wurde das Land friedlich. Wind und Regen kamen zur richtigen Zeit.Er erliess sofort einen Befehl: es gibt vier Männer, einen ersten, den Klugen, einen zweiten, den Kunstfertigen, einen dritten, den Schönen, und einen vierten, den Energiebegabten.Man soll sie in die mittlere Halle führen.Sie kamen zur gleichen Zeit. Er befahl ihnen, als königliche Leibwache zu bleiben. Darauf sprach der Tugendhafte, der König, die Strophen:

    “Wer Tugend und Verdienst besitzt,
    kann der Himmelsgott Śakra werden.
    Er kann König, Weltherrscher
    und auch Brahman werden.
    Der Kluge und der Kunstfertige,
    der Schöne und der Energiebegabte
    gehen alle zum Tor des Tugendhaften
    und stehen als Leibwache da.”

    Darauf gab der Tugendhafte, der König, seinen Brüdern hohe Ämter und sorgte dafür, dass jeder die richtige Stelle erhielt.

    Der Buddha sprach zu den Mönchen:“Zu jener Zeit war der Kluge Śāriputra, der Energiebegabte Schu-lun und der Tugendhafte, der König, war ich”.